Wie beeinflussen Windeln unsere Umwelt?
Was ist umweltverträglicher: Stoff- oder Einwegwindel? Das ist eine Frage, die auf den ersten Blick nicht so leicht zu beantworten scheint. Viele Mythen - auf beiden Seiten - und viele Vorurteile sind oft im Weg, um mit klarer Sicht zu entscheiden. Ich werde mich bemühen, die Sicht ein wenig zu schärfen.
Produktion - Was ist drin?
Wichtig ist es, zu wissen, worüber man bei den Vergleichen spricht. Beim Vergleich der Umweltbelastung durch Einweg- und Stoffwindeln wird sehr gerne der Aspekt der Produktion vernachlässigt. Gerade hier kann der Konsument jedoch selbst viele kleine Hebel umlegen, die das Ergebnis deutlich verändern. Die CO2 Bilanz, Wasser- und Energieverbrauch sowie die Art der Rohstoffe des jeweiligen Produktes müssen natürlich mit in eine belastbare Gegenüberstellung einfließen.
Auch Landverbrauch und die Auswirkungen auf die Gesellschaft vor Ort sind Themen, die man nicht außer Acht lassen darf. Ebensowenig darf man übersehen, was am Ende überbleibt. Das Ende ist jedoch nicht der Windeleimer sondern der Teil, den man nicht mehr loswird (außer der Geruch in der Nase, das legt sich wieder - bei beiden Varianten, versprochen ;) )
Bei Einwegwindeln ist meist Erdöl der Grundstoff und die wesentliche Basis. Für den Superabsorber werden verschiedene chemische Verbindungen verwendet, die unterschiedliche Bilanzen haben, aber auch sehr oft petrochemisch hergestellt werden. Einen Mythos zu Wegwerfwindeln möchten wir hier gleich aufklären: Superabsorber in Windeln ist grundsätzlich nicht giftig. Dennoch sollte das Granulat nicht verschluckt werden und ein Arzt sollte im Fall des Falles hinzugezogen werden. Gesund ist es allemal nicht. Moderne Superabsorber mögen schon bessere CO2- und Energiebilanzen im Vergleich zu billigen bzw. früheren Varianten haben, dennoch sind sie ein petrochemisches Produkt. Nachhaltigkeit sieht anders aus, wenn man z.B. auch an Ölproduktion durch Fracking denkt. Auch die zahlreichen Kosten für Ölunfälle und zerstörte Landschaften nach der Ölgewinnung sind da nicht eingerechnet.
Die Popolini Ultrafit Organic aus Biobaumwolle
Her mit den Zahlen!
Vorab: Es gibt leider kaum aktuelle Zahlen, auf die man sich ungeprüft verlassen kann und die sich auf die Umweltbilanz beziehen. Man kann hier wohl nur aus verschiedenen Studien extrapolieren. Wir haben versucht, die Ergebnisse diverser Studien in diesen Text einfließen zu lassen, wir haben ein paar Quellen dazu ganz unten für Euch verlinkt.
Wir haben eine Studie zum Ressourcenverbrauch gefunden die neuer und aufschlussreicher ist, als das Meiste, was man sonst findet. Wir beziehen uns im Zweifel auf eben diese Studie, da sie auch die neueste verfügbare ist. Ein Lob auch an die Aufbereitung der Windelmanufaktur! (1)
Der beschriebene Wasserverbrauch wird auch von anderen Studien gestützt. Speziell bei Australischen Studien und Studien in Entwicklungsländern wird dem besondere Aufmerksamkeit geschenkt (2)
Bei Stoffwindeln kommt es hinsichtlich der Umwelteinflüsse zu einem großen Teil auf das Material an. Bio-Baumwolle benötigt zwischen 40% bis zu 91% (!) weniger Wasser als konventionelle (3) zum Wachstum. Vom oft extremen und schädlichen Einsatz von Dünger und Pestiziden reden wir noch gar nicht. Schon hier setzen sich also Bio-Baumwollwindeln deutlich von Mehrwegwindeln aus konventioneller Baumwolle ab.
Die Schwankungsbreite des angegebenen Wasserverbrauchs wirkt auf den ersten Blick sehr hoch. Das ist jedoch leicht zu erklären, hängt er doch auch davon ab, was als "Wasserverbrauch" definiert wird (Regenwasser, Grundwasser, umgeleitete Flüsse, Bewässerungsanlagen) und wie der Verbrauch gesehen wird. Bei konventioneller Bebauung der Baumwollfelder ist es nicht unüblich, richtige „Seen“ anzulegen, die dann zu einem guten Teil verdunsten und nicht auf das Feld selbst gelangen. Studien aus 2021 kommen jedenfalls auf rund 1.400 l bis 6600 l Wasser, die die Herstellung eines Kilogramms Bio-Baumwolle benötigt. Bei konventioneller Baumwolle steht man bei ca. 11.000 bis 29.000 Litern.
Was gibts außer Baumwolle noch?
Die häufig verwendete Viskosefaser ist in der (richtigen) Herstellung z.B. nach dem Lyocellverfahren sogar noch besser als Baumwolle in der Bilanz. Hier ist es aber gut, auf die Verarbeitung bzw. Färbung zu achten. Ein Öko-Siegel ist hier ein guter Wegweiser, da die Herstellung von Bambusviskose oft nicht ganz durchsichtig ist.
Bei der TENCEL™-Verarbeitung geraten 99,5% der in der Produktion eingesetzten chemischen Stoffe wieder in den Produktionskreislauf zurück. Wird darauf kein Wert gelegt, hört man leider immer wieder von den katastrophalen Auswirkungen, die es auf die Umwelt gibt. Das Siegel "Öko-Tex 100" wird hier als ebenso maßgeblich wie ausreichend angesehen.
Der Blog www.ekologiskamag.com hat in einem Beitrag (4) herausgearbeitet, dass je nach Einwegwindelhersteller zwischen gut der Hälfte und mehr als 80% der Wegwerfwindeln aus petrochemischen Grundstoffen bestehen.
Bei den meisten Studien zur Produktion von Einwegwindeln vs. Mehrwegwindeln ist noch keine Rede von Biobaumwolle, Bambusviskose, Leinen oder der Weiterverwendung bei einem zweiten Kind. Das zweite Kind mit denselben Wegwerfwindeln wie das erste Kind zu wickeln hat sich in der Praxis als wenig praktikabel herausgestellt ;-). Im gesamtem Wickelzeitraum für das erste Kind müssen jedenfalls durchschnittlich 6000 Wegwerfwindeln produziert und transportiert werden, hingegen kommt man bei Stoffwindelnutzung mit 24 Windeln und 3-5 Überhosen aus, die zudem bei guter Pflege auch noch für weitere Kinder verwendet werden können.
Kurz zusammengefasst:
* Stoffwindeln aus Bio-Baumwolle oder Viskose sind um ein vielfaches weniger ressourcenfressend als Wegwerfwindeln.
* 20-30facher oder mehr Landverbrauch für Wegwerfwindeln ist enorm!
* Der Energiebedarf bei der Produktion ist bei Stoffwindeln um bis zu 80 % geringer.
* Der Wasserverbrauch bei Stoffwindeln aus Bio-Baumwolle oder Bambusviskose ist bei nachhaltiger Produktion nicht höher als bei der Herstellung von Wegwerfwindeln.
(1) https://www.windelmanufaktur.com/de/stoffwindeln/oekobilanz
(2) https://www.cambodiabiosafety.org/de/blog/wasserverbrauch-und-stoffwindeln
(3) Quelle u.a.: https://store.textileexchange.org/product/life-cycle-assessment-of-organic-cotton
(4) https://ekologiskamag.com/2021/02/23/alles-oeko-das-steckt-in-wegwerfwindeln/